Mein erstes Mahnverfahren

This post is about legal procedings against a debtor and thus is intended for a German audience.

Dieser Blogeintrag befasst sich damit, wie ich eine namhafte deutsche VFX-Firma verklagen musste, da sie meine Rechnungen nicht bezahlte. Er stellt keine rechtliche Beratung dar und ich werde Fragen danach nur mit “nimm dir einen Anwalt” beantworten. Jede Sachlage kann anders sein, deshalb werde ich nie schreiben “mache X und Y”, sondern nur “ich habe X gemacht”.

Ich schreibe den Ablauf der Geschehnisse in meinem Blog öffentlich auf, denn auch ich hatte zu Beginn keine Ahnung, was alles auf mich zukommt, wie lange alles dauert und wie ich vorzugehen hätte. Eine trockene Auflistung wie diese hätte mich bestärkt und beruhigt, denn das ganze dauerte mehrere Wochen und ich musste ständig neue Gebühren vorstrecken.

Dies ist Teil 1 von 2.

Vertrag

  • Schon hier hapert es bei vielen VFX-Arbeitsverhältnissen, doch bei mir war alles schwarz auf weiß in einem Vertrag über freie Mitarbeit festgehalten. Insbesondere ein Passus erwies sich als Vorteil:

    “Der Anspruch auf Vergütung ist sechs Wochen nach Zugang einer ordnungsgemäßen Rechnung (…) fällig.”

  • Ich erledigte meine Arbeit und stellte dabei im Wochenrythmus eine ordnungsgemäße Rechnung. Auf jeder Rechnung vermerkte ich folgende Frist:

    Zahlungsziel gemäß Rahmenvertrag: 6 Wochen. Verzug tritt somit am [Rechnungsdatum + 42 Tage] ein, ohne dass es einer weiteren Mahnung bedarf.

Mahnantrag

  • Nach Ablauf der Zahlungsfrist hakte ich noch einmal bei meinem Auftraggeber nach (“folgende Rechnungen, die ich hiermit anmahnen möchte, sind noch offen…”) und wurde vertröstet. Ich stellte daraufhin einen Online-Mahnantrag über die dafür vorgesehene Webseite mahnantrag-online.de, um mein Geld einzuklagen. Man füllt online ein paar Felder aus, bekommt ein PDF mit Barcode und muss dieses ausdrucken und per Post an ein Gericht in Coburg senden.
  • Es muss noch kein Anwalt eingeschaltet werden, doch können Fehler natürlich den Antrag nichtig machen und man verliert Zeit und Gebühren. Zahlt die Firma, während der Mahnantrag noch auf dem Postweg ist, verliert man die Gebühren und (so nehme ich an) die Anwaltskosten.
  • Für das Ausfüllen eines Online-Mahnantrages ist es notwendig, den Antragsgegner exakt zu benennen. Bei mir handelte es sich um eine GmbH & Co KG. Die notwendigen Informationen habe ich über das Handelsregister nachgeschlagen: www.handelsregister.de
  • Ein Abdruck kostet 4,50 Euro (die im Mahnantrag geltend gemacht werden können), doch es geht auch kostenlos. Sogenannte “Veröffentlichungen” können einfach so abgerufen werden. Hierbei handelt es sich um Meldungen über Gründung, neue Geschäftsführer oder einen neuen Firmensitz. Hieraus konnte ich alle aktuellen Daten zusammenstückeln.
  • Eine GmbH & Co KG hat als gesetzlichen Vertreter eine GmbH, die wiederum im Handlesregister nachgeschlagen werden muss. Erst diese weitere GmbH wurde dann (in meinem Fall) vom Geschäftsführer vertreten. Der Punkt “Antragsgegner” sah bei mir also wie folgt aus:
    mahnantrag1
  • Dann muss der Anspruch präzisiert werden. Wem jetzt einfällt, dass alles nur mündlich vereinbart wurde, der hat ggf. ein Problem. In meinem Fall war die Sache klar und ich konnte die entsprechenden Felder ausfüllen: Der Anspruch bestand aus einem “Werkvertrag (Katalog-Nr 44)“, für den ich meinen Teil bereits erfüllt hatte. Mitteilungsform für meinen Anspruch war eine “Rechnung (Nr xxxx, Leistungszeitraum xxxx – xxxx)“.
  • Zusätzlich machte ich noch Zinsen geltend: 8,000%-Punkte über dem jährlichen Basiszinssatz, ab Zustelldatum des Mahnbescheides sowie aus Prinzip noch 0,58 € für eine Briefmarke.
  • Am Ende des Formulars klickte ich noch zwei Optionen an:
    [x] Ich erkläre, dass der Anspruch von einer Gegenleistung abhängt, diese aber bereits erbracht ist.
    [x] Im Falle eines Widerspruchs beantrage ich die Durchführung des streitigen Verfahrens.

Auf dem Weg zum Vollstreckungsbescheid

  • Am nächsten Tag geht der Antrag in die Post. Nun heißt es warten und zahlen. Meiner Meinung nach erfolgte alles fast so schnell wie es mir möglich war, doch es ist interessant zu wissen, wie lange es tatsächlich dauert, bis man zu seinem Recht kommt. Bislang sind bereits 6,5 Wochen seit Rechnungsstellung verstrichen. Für zwei weitere unbezahlte Rechnungen stelle ich ebenfalls Mahnanträge mit leichtem Zeitversatz.
  • Über eine Woche später bekomme ich eine Kostenrechnung aus Coburg. Der Mahnbescheid sei am so-und-sovielten (6 Tage nach verschicken meines Antrages) erlassen worden und ich müsste nun Gebühren in Höhe von ca. 3% der Forderung bezahlen. Ich begleiche die Gebühren, die der Hauptforderung aufgeschlagen werden.
  • Ein paar Tage später erhalte ich eine Zustellungsnachricht. Der Mahnbescheit sei am so-und-sovielten (4 Tage nach Erlass) bei meinem ehemaligen Auftraggeber zugestellt worden. Ab diesem Tag beginnt eine Zwei-Wochen-Frist nach deren Ende ich einen Vollstreckungsbescheid beantragen kann. Das Datum ist freundlicherweise für mich errechnet worden und es liegt ein entsprechendes Formular bei.
  • Exakt am Tag nach Verstreichen der Frist sende ich den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids ein. Auf dem Formular wird nochmal die Anschrift des Gegners bestätigt und angegeben, dass bislang keine (Teil-)Zahlung getätigt wurde. Außerdem kreuze ich an, dass der Vollstreckungsbescheid vom Gericht zugestellt werden soll (statt dass ich selbst einen Gerichtsvollzieher suche). Bislang sind 4 Wochen (!) vergangen, seit ich den Mahnantrag auf den Weg gebracht habe.

Widerspruch!

  • Zwei Tage später erreicht mich Post aus Coburg. Die Schuldnerin (sorry, Firmen sind im deutschen Recht weiblich) hat ohne Angabe von Gründen Widerspruch gegen meinen Mahnantrag eingelegt. Ich solle nun nochmal Gebühren (ca. 12% des streitigen Betrages!) zahlen, damit das Verfahren an’s Amtsgericht geht.
  • Ich lasse mir von einem Kollegen eine Anwältin empfehlen die für ihn gegen den selben Auftraggeber tätig war. Die Kosten wird der Gegner zahlen müssen, sofern ich das Verfahren gewinne. Die Sachlage ist eigentlich klar, doch mulmig wird mir schon. Habe ich einen Formfehler begangen? Will der Gegner nur Zeit schinden? Was ist mit meinen Anwaltskosten, wenn er doch zahlt bevor das Verfahren vor’s Gericht geht?
  • Bislang sind fast 5 Wochen vergangen, seit ich den Mahnantrag auf den Weg gebracht habe. Aber ich bin 5 Wochen weiter als andere geprellte Freelancer, die mit nie beantworteten Mails an die Geschäftsführung versucht haben, Geld das ihnen rechtmäßig zusteht auf die kollegiale Tour “zu erbetteln”.

Weiter geht’s in Teil 2.

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