It was Earth all along
Neulich nahm ich einen frühen Zug. So richtig früh (für Medienfreelancer). Also kurz nach 7.
Der erste Schock erwartet mich am Bahnsteig. Er ist voll. Sogar voller, als ich es von tagsüber gewohnt bin. Oder von der “anderen” Rush Hour um neun. Eine seltsame Zeremonie ist es, die ich erlebe. Ohne dass es einer Absprache bedurfte tauchen aus allen Richtungen immer mehr Aktentaschenträger auf und nehmen den durch unsichtbare Barrieren genormten Stehabstand zu ihren Nachbarn ein.
Das Gefühl, das mich beschleicht, erinnert mich an ähnliche Szenen der Cinematographie, in denen Menschen in einer sektenhaften Dynamik einem gemeinsamen Ziel folgen, das sich dem Protagonisten und Outsider verschließt: Charlton Heston wird Zeuge der Soylent-Green-Fabrik. Tom Cruise einer Orgie in Eyes Wide Shut. Orwell’s Bürger auf dem Weg zu Big Brothers 5-Minuten-Videoshow. Indiana Jones beobachtet den Shamanen im Tempel des Todes.
Und ich mittendrin. Die Menschenmenge schiebt sich und mich still vorwärts, einmal um’s Lagerfeuer, dann dem Vulkanrand endgegen. Hier gelten andere Regeln.
“Halt! Merkt ihr nicht, was hier passiert?!” rufe ich, als immer mehr U-Bahn-Fahrgäste den Wagon betreten und sich mit einer Vehemenz, die man tagsüber nur selten beobachtet, die letzten Sitzplätze krallen.
Unterdrücktes Hüsteln. Der Geruch von Leberkäsesemmeln in der Luft. Schweigen ist Silber, Reden ist Tod.
“Ihr seid doch bloß Teil einer Maschine! Ihr müsst ausbrechen!”
Zeitungsrascheln. Windowslaptop-Startsounds. Ich-dich-auch-mein-Schatz-Floskeln in Handies gehaucht.
Wie der Reisende im Film “Die Zeitmaschine” fühle ich mich: laut fuchtelnd und dennoch ignoriert muss dieser zusehen, wie eine Frau zu ertrinken droht, ohne dass ihre apatischen Zeitgenossen zur Hilfe eilen. Man sieht durch mich hindurch. Mensch auf dem Planet der Affen.
“Ihr Bastarde. Was habt ihr nur getan! Ihr….”
“Guten morgen, die Fahrausweise bitte.”
“…”
Ich komme zu mir, den Geschmack von Leberkäse im Mund, einen Senffleck auf dem Pullover.
Ich reiche der Dame meine Bahncard. Im Lautsprecher empfielt jemand wahllos Produkte aus dem ICE-Frühstücksangebot. Dörfer huschen vorbei. Ich huste kurz und durchschneide die Stille, was mir augenblicklich peinlich ist. Leise widme ich mich einer SMS. “ich dich auch mein schatz!lg”
Ich gähne. Na dann mal auf in’s Bordbistro. Der Kaffee ruft.
Bäh
Da wird mit großem Hype die Rittersport Olympia wieder eingeführt, also hab ich sie mal probiert. Nee, nee, nee. Selten so eine wirre Geschmacksmelange auf der Zunge gehabt! Eine ganz seltsame, aber dennoch flaue Süße, die man am besten – will man dem Hersteller dennoch treu bleiben – mit einem Stück Marzipan- oder Minzschoki wieder los wird.
Mehr Reiseliteratur
“Bliefe von Dlüben” ist kein Reiseführer oder Chinaratgeber im eigentlichen Sinn. Das Buch stammt aus der Feder eines Titanic-Redakteurs und ist entsprechend humorvoll geschrieben. Der Autor, Christian Y. Schmidt, hat selbst ein paar Jahre in China gelebt und räumt mit ein paar Klischees auf (z.B. dass Chinesen sehr wohl ein R sprechen können). Im selben Atemzug baut er gleich ein paar neue auf: Chinesen lachen mit Vorliebe (Ausländer aus), rülpsen und schreien im Restaurant herum und westliche Schnulzen wie “Country Roads” haben sich seit Jahren dauerhaft in den Charts eingenistet.
Ich bin gespannt, wie es mir ergehen wird. Das Buch ist auf alle Fälle seine Euros wert, und es ist auch unabhängig von Reiseplänen nach Fernost eine unterhaltsame S-Bahn-Lektüre.
Countdown
Am 16. Oktober geht’s los, der Flug ist gebucht! Ich hoffe nur, bis dahin wird das Wetter in Shanghai noch etwas weniger tropisch.
Bis es soweit ist, werde ich aber einerseits noch arbeiten und andererseits meinen Krempel etwas ausmisten. Es wird also noch ein paar Wochen dauern, bis ich an dieser Stelle ein paar News und Fotos vorweisen kann. Meine zuvor erwähnte Todo-Liste wird aber kürzer und kürzer. Mein Zimmer ist untervermietet, Impfungen sind gepiekst, Moneten sind beschafft (sie sehen was Farbe und Position der Sicherheitsmerkmale angeht unseren Euros sehr ähnlich, siehe Wikipedia).
Free Greenscreen and Tracking Plates
VFX Supervisor Scott Squires’ blog “Effects Corner” links to some nice and freely available greenscreen footage from Hollywood Camera Works. I’m probably the last guy to discover these, but nevertheless the plates are a great training resource. Each shot has some notes about possible keying and matchmoving problems.
And by the way, Scott also has some great articles on various areas of VFX like pre-production, workflow and shot breakdowns.
Who Let The Cats Out?
Gestern war ich auf einem Konzert von Katzenjammer im Atomic Cafe. Die vier Norwegerinnen machen eine Musik, die wie eine Mischung aus nordisch angehauchtem Folk und Western-Polka klingt. Wäre ich Musikjournalist, würde ich vielleicht schreiben sie klängen wie ein Vikingerschiff auf Partykurs voller Mädels plus Weird Al Yankovich. Wäre ich ein guter Musikjournalist, würde ich mich für diesen Vergleich schämen 🙂
Auf alle Fälle haben Katzenjammer auf der Bühne schlichtweg Spaß. Und Talent. Denn jede der vier besitzt eine großartige Stimme und spielt mindestens 2 Instrumente. Das im Internet verfügbare Lied “Bar in Amsterdam” ist eindeutig das fetzigste und “kommerziellste” Lied ihres Albums “Le Pop”, das Video dazu gibt es hier: